Oh mein Papa...
- Delia Weber
- 22. Nov. 2017
- 6 Min. Lesezeit
O mein Papa, war eine wunderbare Clown O mein Papa, war eine grosse Kinstler Hoch auf die Seil, wie war er herrlich anzuschau'n O mein Papa, war eine schöne Mann. Ei wie er lacht, sein Mund sie sein so breit und rot Und seine Aug' wie Diamanten strahlen O mein Papa war eine wunderbare Clown O mein Papa war eine schöne Mann ein schöne Mann ein schöne Mann, sang Lys Assia Ende der 40er Jahre.

Ich sang dieses Lied immer für meinen Papa, er war auch ein Clown. Er war auch ein Künstler und wahrlich ein schöner Mann. Hauptberuf: Zauberer, ja richtig gehört, Zauberer, wie David Copperfield. Klar hatte er andere Berufe, doch die Magie war bis zu seinem Tod sein ewiger Begleiter.

Mein Vater starb als ich 14 Jahre alt war, mitten in der Pubertät. Meine Eltern liessen sich scheiden als ich 10 war und ich lebte bei meiner Mutter. In der heutigen Zeit bin ich ja nicht alleine mit diesem Schicksal.
Ich erinnere mich als wäre es gestern, wie oft war ich jedes 2. Wochenende bei meinem Papa zu Besuch.
Bevor ich weiter erzähle muss ich ein wenig Vorgeschichte erzählen. Mein Vater war ein Alkoholiker. Er war kein Arbeitstier, eher ein Freigeist. Meine Mutter tat die ganze Arbeit und er war einfach der Clown wo alle immer mit seinem Charm entzücken konnte. Er trank täglich und nicht wenig. Mir, als Kind, war dies gar nie richtig bewusst. Bis zu den erwähnten Ereignissen in meinem letzten Post. Alkohol war einer der Gründe der Scheidung meiner Eltern. Und mein Vater hatte sich nicht mehr unter Kontrolle, der Alkohol hat ihn kaputt gemacht. Nun ja, etwas Gutes hatte die Scheidung. Tatsächlich machte er einen Entzug in einer Klinik, es war eine harte Zeit. Ich besuchte ihn des öfteren dort und ich merkte, dass es ihm gut tut. In der Zeit fand er eine neue Passion, die Liebe zu Gott. Er zog in ein Haus von Freunden, wo er ein Zimmer hatte. Die Familie ging immer in die Kirche, nicht irgendeine sondern eine ziemliche Hardcore Christenvereinigung. Auch ich ging immer mit. Fand den Anschluss und war überzeugte Christin.
Ach, die Zeit mit meinem Vater, ich vermisse sie so sehr. Er hatte immer einen Witz auf Lager und wusste einfach wie seine kleine Prinzessin glücklich machen.

Später, zog er in eine kleine Dachwohnung. Ohne Lift. Man muss sich vorstellen, er war nicht der Schlankste, hatte noch einen Bierbauch als Überbleibsel seiner Eskapaden und sportlich war er sowieso noch nie. Für ihn war es ein Kampf diese Treppen hinauf in seine Wohnung zu erklimmen. Er musste immer wieder stehen bleiben. Ich, schlank und rank wie ich war, rannte immer hinauf und wartete dann oben auf ihn. Wenn wir dann beide oben waren, hatten wir unsere kleine, eigene Welt. Er übte neue Tricks, ich war sein Publikum. Er machte mir Streiche, ich machte ihm Streiche, es war wie bei Alice im Wunderland. Er war der beste Entertainer auf der Welt. Wenn es dann zu Bett ging, hielt er immer meine Hand und drückte sie 3 mal hintereinander. Als Zeichen, dass er hier ist. Daraufhin drückte ich seine genau so, um ihm dasselbe zu zeigen.
Mein Vater war ein starker Raucher, Gauloises Gelb, die mit den kleinen Filtern, rauchte er. Eines Tages fiel mir ein komischer Geruch auf. Ich kannte den Geruch, da ich ihn von meinen Freunden kannte. Es war Hasch.
Natürlich konnte ich meinen Papa nie darauf ansprechen, er stopfte sich den Hasch immer in die Zigarette, dass es mir auch ja nicht auffallen kann. Aber den Geruch konnte er nie verstecken. Manchmal fragte ich ihn: " Papa, was machst du da?" und er probierte dann alles zu vertuschen und sagte: "Nichts nichts".
Zurück zu diesem einen Tag, Papa war anders als sonst. Redete wirres Zeug, in der Wohnung wären überall Tücher aufgehängt, ich solle sie entfernen. Oder sass schwitzend im Sofa und ich wusste nicht was tun. Meine Mama holte mich ab bei ihm und als ich im Auto sass sagte ich ihr das etwas nicht stimme. Sie dachte sich nicht viel dabei, aber rief ihn auf sein Handy an um ihn zu bitten zum Arzt zu fahren. Er könne nicht mehr fahren, meinte er. Wir fuhren nach Hause und kurze Zeit später schrieb er uns eine SMS, dass er das Taxi gerufen hat.
Danach längere Zeit nichts mehr. Aber eben, wir dachten uns nicht soviel dabei. Leider lagen wir falsch, er lag im Koma.
Er wurde im Taxi bewusstlos, hatte für mehrere Minuten einen Lungen Herzstillstand. War eigentlich schon klinisch Tod. Im Krankenhaus haben sie ihn dann nochmal wiederbelebt.
Ich stand unter Schock, ich weinte, ich wusste nicht was gerade passiert. Ich kriegte frei von der Schule und wir durften ihn besuchen. Es war kein schöner Anblick. Jeder wo schon einmal eine Person im Koma liegen sah, weiss von was ich rede. Er war aufgeschwollen, hatte einen Schlauch im Mund und war gelb am ganzen Körper. Er war an einer Beatmungsmaschine und wurde künstlich am Leben gehalten. Zuckte ab und zu aber keine Reaktion auf uns.
Die Ärzte sagten, wenn er aufwachen würde hätte er bleibende Schäden, wie zum Beispiel: Taubheit, Blindheit, Stumm sein, eventuell motorische Probleme. Könne nicht mehr gehen oder sogar kein Gedächtnis mehr haben. Als meine Mama dies hörte wusste sie, dass dies mein Vater niemals wollte. Er wollte niemals ein Pflegefall werden, jemandem zu "Last" fallen. Es ging soweit, dass er sogar ein Mitglied bei der Exit - Sterbehilfe war. Wir entschieden uns die Maschinen abzustellen, entweder er erwacht von selbst oder er würde sterben.
Ich sass an sein Bett, nahm seine Hand und sprach: " Papa, es ist ok. Ich weiss, dass du dies nie wollen würdest. Ich lasse dich lieber gehen und behalte dich so in Erinnerung. Ich/wir schaffen das schon alleine. Ich liebe dich."
Geprägt von seinem Anblick und der Angst vor dem nächsten Anruf verliessen wir das Spital. Ich kann mich leider nicht mehr genau erinnern wie es war, da ich viele Jahre damit zu kämpfen hatte und alles verdrängte.
Aber der Anruf kam und Papa war weg. Für immer. Meine Mutter sagt mir noch heute, dass ich dazumal nicht getrauert habe, klar ich habe geweint, aber ich wollte nicht trauern, dies hätte Papa nicht gewollt. Ich ging nicht schwarz gekleidet an seine Beerdigung, ich bemalte seine Urne bunt und ich wollte lieber für ihn lachen und weitermachen als zu trauern. Ich fehlte nicht einmal in der Schule, ich wollte nicht fehlen, ich wollte mir nicht Gedanken machen darüber. Die Tage vergingen und schon war ein Jahr vorbei, wir wollten an seinem Geburtstag ans Grab um ihm Blumen hinzulegen und eine Kerze anzuzünden. Ich schrieb ein Brief und legte ihn an einen Stein. Da meine Grosseltern in der Nähe wohnten, fuhren wir auf Besuch. Eine fremde Frau stand vor der Tür.
Grossvater sei gestorben. Ich rannte ins Haus. Sass an sein Bett. Er war noch warm. Ich konnte es nicht glauben, heute war Papas Geburtstag und sein Vater stirbt an diesem Tag. Ein Jahr nach Papas Tod. Es war ein Teufelskreis. Im selben Jahr starb auch mein Onkel und ein Jahr darauf mein anderer Grossvater. Die Welle von Trauer, Wut, normalem Leben und schönen Tagen hatte einfach kein Ende. Am Schluss starb meine Grossmutter, sie wo alle überlebt hatte. Alle Söhne und ihren Ehemann verloren hat. Dieses Schicksal war wohl das Schlimmste.
Später gab es immer wieder Momente im Leben, wo mir klar wurde was es heisst keinen Papa zu haben. Keine Papa, welcher dich zum Traualtar führt. Keinen Papa der deine Enkelkinder zum lachen bringt. Keinen Papa, der mir die Hand 3 mal drückt. Da fing die Trauer an, schleichend alle paar Monate wieder. Einmal sass ich nach dem Ausgang in einem Taxi auf dem nach Hause weg und mir wurde auf einmal bewusst, dass Papa eigentlich in einem Taxi gestorben ist. Ich weinte still auf der Rückbank. Ich sehe Erwachsene Menschen, wie sie mit ihren Eltern zu Abend essen und die Zeit geniessen. Bis heute gibt es Tage wo ich aus dem Nichts weinen muss, dass er nicht mehr da ist. Dann wenn ich ihn brauchen könnte, seine Nummer wählen und ihn um Rat fragen.
Ich wünsche mir meinen Papa zurück, doch wäre ich heute nicht die Person wo ich bin, hätte ich diese Schicksalsschläge nicht erlebt. Wäre ich heute wahrscheinlich nicht hier wo ich heute stehe.
Papa wäre stolz auf mich. Papa hätte immer gewollt, dass ich einfach nur glücklich bin.
Papa, ich gebe mir alle Welt der Mühe, siehst du die heutige Welt? Siehst du wie schwierig es ist heutzutage einfach nur glücklich zu sein. Das Streben nach Glück, Liebe und Gesundheit. Bitte gib mir Kraft. Ich kann es gut gebrauchen,
Danke Papa, Danke das es dich gibt, ich weiss du bist da und schaust auf mich.
Meine Leser, geniesst jede Minute mit euren Geliebten, gebt Liebe, schätzt die Liebe die ihr bekommt, egal von wem. Nehmt euch Zeit für die Leute wo ihr Familie und Freunde nennt. Manchmal geht es zu schnell um zu realisieren, dass sie plötzlich weg sein könnten.

In Gedenken an meine Papa, 10. Juni 1947 - 04. Juni 2003. Ich liebe dich.
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